Der November ist an manchen Tagen kalt. Sogar unfreundlich nennen manche den Herbst. Was das mit Metall zu tun hat, mit dem Pensionsalter und mit Windlöchern – ein Erklärungsversuch.
Der November und das Metall
Bunte Blätter fallen von den Bäumen, in der Einfahrt liegen lauter braune Riesenkäfer, die der Kastanienbaum abgeworfen hat. Im Tal hat sich ein dicker Nebelpolster breitgemacht und lässt keinen einzigen Sonnenstrahl durch. Nur oben auf den Bergen, da ist noch Zeit für ein kurzes Sonnenbad, bevor der kürzeste Tag des Jahres am Thomastag da ist und der Winter beginnt.
Der Herbst ist eine Zeit der Wunder für mich. Das Farbenspiel ist für jemanden mit Lieblingsfarbe BUNT eine Sensation, ein Augen- und Seelenbad, jeden Tag aufs Neue. Die Energien ziehen sich zurück, drum fallen die Blätter von den Bäumen. Die Ernte ist längst eingefahren, auch hier kehrt langsam Ruhe ein, alles wird winterfest gemacht.
Es hat schon Sinn, dass es so ist, wie es ist. Das ist der Lauf der Zeit, das Rad des Lebens. Entstehen, wachsen, reifen, sich zurückziehen, ruhen, entstehen …. Das finden wir in der Natur und sollte auch in unserem Jahreskreis so stattfinden. Aber ist es wirklich so?
Dieses mein Wohlgefühl entsteht nicht bei allen Menschen. Manche leiden sehr. Das fehlende Licht kann auf die Stimmung drücken. Mir helfen da die bunten Blätter und Beeren, die überall herumliegen und auf den Sträuchern übriggeblieben sind. Oder ein bunter Schal, der mich beim Spazieren wärmt.
In dem Wissen, das wir in Europa als TCM, Traditionelle Chinesische Medizin, übernommen haben, wird der Herbst dem Element Metall zugeordnet. Es ist die Zeit des Abschieds, des nach Innen Gehens. In der Natur verdichten sich die Energien, die Säfte ziehen sich zurück.
Der Herbst im Kreislauf unseres Lebens ist die Zeit der Senioren, der Junggebliebenen. Körperfunktionen lassen nach, auch die Aktivitäten. Wir ziehen uns aus dem Beruf zurück, ziehen Grenzen und leben aus dem Reichtum der Erinnerung, der Ernte unseres Lebens.
Die Grenze zur Außenwelt ist unsere Haut. Dazu gehört auch die Schleimhaut. Bemerkbar macht sich dabei der Herbst (im Jahr und im Leben) durch trockene Haut und Schleimhäute. Ist die körpereigene Schutzfunktion nicht mehr optimal, haben Viren, Bakterien, Keime etc. leichtes Spiel und greifen unsere Gesundheit an.
Hast du das schon so gesehen?
Ist der Schnupfen einmal da, ist das eigentlich ein gutes Zeichen. Es bedeutet, das Immunsystem hat Angreifer entdeckt und sein Abwehrprogramm aktiviert. Durch den Rotz werden die Unruhestifter abgeführt. Und das war auch so, als ich ein kleines Kind war, vor einem halben Jahrhundert. Da war es zum Glück auch noch egal, welchen Namen der Schnupfen und der Husten hatten.
Es ist der Lauf des Lebens. Schon länger, als wir denken können, dreht sich dieses Elementerad. Die Herbstzeit wird den Energiekreisläufen Lunge und Dickdarm zugeordnet. Die Lunge verteilt die Energie, die sie durch das Atmen aufnimmt, im Körper und sie steuert die Körperabwehr. Sie herrscht über die Körperoberfläche und reguliert Temperatur und Feuchtigkeit.
Der Dickdarm steht fürs Loslassen von allem, was wir nicht mehr brauchen, was dem Menschen nicht mehr hilfreich ist. Ballast wird abgeworfen, hoffentlich. Dabei geht es nicht nur um Körperliches, auch seelischer Ballast führt zu Gedankenverstopfung. War der Verlust hingegen ein unfreiwilliger, kann die entstandene Traurigkeit, die Emotion des Metallelementes, durch eine Stärkung der DickdarmEnergie unterstützt werden.
Das macht es auch leichter
Meine Großmutter hat gern eine dicke Gemüsesuppe gekocht. Oder das Wundermittel schlechthin: die Hühnersuppe. Wärmendes, lange Geköcheltes führt dem Körper Energie zu.
Am oberen Ende des Nackens, an der Hinterhauptkante, liegen Akupressurpunkte mit dem Namen „Windlöcher“. Die heißen so, weil durch sie der Wind mit Feuchte und Kälte in den Körper eindringen kann, sagt die TCM. Ein Schal, ein hoher Kragen, der den Nacken wärmt, kann möglicherweise als angenehm empfunden werden.
Behauptet jemand, der Novembernebel mache ihn aggressiv, unterliegt er einem gewaltigen Jetlag. Denn Aggression wird dem Element Holz und somit dem Frühling zugeordnet. Da explodieren die Energien, so wie der Löwenzahn, der seinen Weg durch den Asphalt findet. Also ist in diesem Fall ein Einstellen der inneren Uhr auf die tatsächliche Jahreszeit sinnvoll.
Geh einen Schritt langsamer. Nimm dich zurück und halte Einkehr. Entrümple deinen Kasten, räum die Sommerleiberl und kurzen Hosen und Röcke nach hinten und hol die warmen Pullis und Jacken hervor. Brauchst du davon noch alles? Passt es dir noch? Kannst du etwas weggeben, das dann vielleicht jemand anderem Freude bereitet?
Wie es genau funktioniert, weiß ich nicht, aber es ist mehrfach bestätigt: Wer seinen Kasten, seinen Abstellraum, seine Krimskramskiste entrümpelt, bei dem/der stellt sich ein sehr zufriedenes Gefühl ein. So, als wäre das Leben jetzt leichter. Also, nütze die nasskalten Tage und räum auf – wie außen, so innen! Wenn du partout (auf keinen Fall) raus willst in die frische Novemberluft.